Die Gäste in der Musikkiste rücken eng zusammen, um das Wohnzimmerkonzert in der Scheune von Vereinsmitglied Jürgen Martin gemeinsam verfolgen zu können. Bereits zum dritten Mal dürfen die Musikliebhaber Spencer Bohren, den Blues- und Gospel-Künstler aus New Orleans, in ihrer Mitte begrüßen.
„Das erste Mal fand recht kurzfristig statt, da der ursprünglich geplante Künstler abgesagt hatte“, erzählt der Gastgeber Jürgen Martin. „Spencer Bohren sprang spontan ein. Damals kamen kaum mehr als 15 Zuhörer – heute sind es etwa 45. Herr Bohren hat uns überzeugt.“
Seit etwa vier Jahren veranstaltet die Musikkiste das Format „Konzert im Wohnzimmer“. Dabei spielen die Musiker nicht auf einer Bühne, sondern im Zuhause eines der Vereinsmitglieder. „Man kommt dem Künstler so viel näher als gewöhnlich. Diese Auftritte haben immer ihren ganz eigenen Charme“, sagt Martin.
Soundtrack zum Wiederaufbau
Spencer Bohren wurde in Wyoming geborgen und trat bereits mit 14 Jahren öffentlich auf. Seine Spezialität ist der traditionelle amerikanische Folk, Gospel und Blues, den er stilecht und authentisch mit Instrumenten wie der Westerngitarre, dem Banjo oder der Lapsteel-Gitarre zum Leben erweckt. Die Themen seiner Lieder reichen von Liebe und Eifersucht über die amerikanische Natur und Geschichte bis hin zu aktuellen Geschehnissen und Problemlagen. Er spielte bereits zahlreiche Konzerte in den USA, Kanada, Mexico, Japan und Europa. Heute lebt er mit seiner Familie in New Orleans. In dem Lied „Long Black Line“ verarbeitet er seine Erfahrungen mit der Zerstörung des Hurricanes Katrina aus dem Jahr 2005 – ein Soundtrack zum Wiederaufbau der Stadt. Mit großem Können, Erfahrung und Freude zum Spiel erweckt er auch in der hessischen Scheune die Lagerfeueratmosphäre des Westens zum Leben.
Auch als Geschichtenerzähler gut
Zwischen den Liedern nimmt er sich Zeit, um mit seinen Zuhörern zu reden. Er erzählt Anekdoten oder bringt das Publikum zum Lachen. Diese Angewohnheit habe ihm auch eine zweite Karriere eingebracht, verrät der Künstler in einer Pause. „Ausgangspunkt war für mich immer die Musik. Da ich den Leuten aber gern mehr über die Lieder erzählte, fragte man mich irgendwann, ob ich nicht Geschichtenerzähler werden wolle. Heute habe ich manchmal Auftritte, bei denen ich komplett ohne Instrumente auf die Bühne gehe.“
Mit im Gepäck hatte Spencer Bohren auch sein brandneues Album „Seven Birds“. Er hat darin auch mit einigen deutschen Musikern zusammen gearbeitet. „Das hat einige sehr moderne Elemente in die Aufnahmen gebracht“, sagt er.
© Südhessen Morgen, Montag, 09.03.2015, Dennis Koitzsch